Ich bin dein Tag, und heute bin ich Schwein
Currently listening: Fettes Brot - Silberfische 4
Das Semester hat sehr gut begonnen - mit nur zwei Stunden am Montagmorgen, wer kann sich da beklagen? Heute gab es so einiges mehr zu tun. Die ersten drei Stunden des heutigen Tages wurden wir von unserem Dozenten im Fach Marketing(forschung) über Restaurantkritiker und präsentationstechnische Missgeschicke von Geschäftsführern - nicht zu verwechseln mit einem “Managing Director” - aufgeklärt. Danach wurden 23 strahlende Gesichter von einem neuen Mathematikdozenten begrüsst. Kombiniert mit der glücklich gewählten Versetzung unseres alten Dozenten - wir vermissen Sie auch, Herr Vowe - zu einer anderen Klasse, war dies einer der gefühlsschwangersten Starts in eine Lehrer-Schüler-Beziehung, die ich in meiner noch jungen Karriere miterleben durfte.
Der Mittag ist nicht erwähnenswert, und darum auch der neue Abschnitt. Um 13:30 Uhr wurde die zusammengewürfelte Klasse - 95% wollten eigentlich „Politik und Wirtschaft“ besuchen, nur leider wurde das Fach in letzter Sekunde abgesetzt - von einem passiv-aktiven Ethik-Dozenten begrüsst, der sogleich den Dialog zur Klasse suchte. Es fiel mir gewissermassen schwer während der zehnminütigen Gruppenarbeit festzulegen, was denn nun Globalisierung sein soll. Nicht, dass ich mir dessen nicht bewusst wäre. Nein, im Gegenteil: Der Spass am offenherzigen Kommunizieren verschwand gänzlich, nachdem ich einem allessagenden Satz zum Besten gab. Wir begaben uns die restlichen 9 Minuten damit, ein möglichst aussagekräftiges, und dennoch verwirrendes, Mindmap auf die Beine zu stellen. Es kam tatsächlich etwas zu Stande - Beine, zu Stande.. herrlich, wie wortgewandt ich nach einer Gemüsesuppe sein kann -, nur leider verdeckten die wahllos verlaufenden Striche einen Grossteil unserer gedanklich erleuchtenden Logik.
Genug ernst gesprochen. Nach der ersten Lektion verabschiedete ich mich mit ein paar netten Worten, denn in der Aula wurde ich bereits von Vertretern der Studierendenorganisation - nein, das ist definitiv kein Wortspiel - erwartet. Wer sich jetzt fragt: „Wieso nenne die sich nicht Studentenschaft?“, dem kann ich nur sagen, dass ich das auch gerne wissen würde. Scheinbar gibt es geschlechtsspezifische Probleme. Die Männer würden sich doch auch beklagen, wenn es Studentinnenschaft heisst - obwohl… Eine kurzweilige Diskussion endete damit, dass die einzigen beiden Frauen vor Ort sich lauthals darüber beschwerten, dass man nicht einfach bei altbewährten Riten, also known as „Studentenschaft“, bleiben konnte.
Um 15:45 begann die Präsentation der Erstsemestler. Nach gut 20 Minuten hiess es dann auch schon: „.. bla, bla, die Vertreter der Studentenschaft herzlich willkommen heissen.“ Natürlich fiel das Wort „Studentenschaft“ und nicht „Studierendenorganisation“, wie ich das gerne gehabt hätte. Wir begannen also unsere Präsentation, in der die „Studierendenorganisation FHNW“ und ihre Mitglieder vorgestellt wurden. Ich als Präsident der Studierendenorganisation FHNW Basel/Basel-Land hatte die Ehre, meinen Teil des Verbandes sowie den Dachverband, in welchem ich übrigens auch Mitglied bin, vorzustellen. Als die Person vor mir zum Abschlusssatz ansetzte, hatte ich überhaupt keine Ahnung, was genau ich nun erzählen sollte. Eine meiner Leidensgenossinnen sagte dann so was wie „Nachrichtensprechen“ und dann ging es schon los. Mehr als 100 Studenten sowie Vertreter der Hochschule für Wirtschaft sassen gespannt vor mir, um mit interessanten Informationen versorgt zu werden. Komischerweise lief das Ganze ausgezeichnet. Sogar aus einem kleinen, präsentationstechnischen Loch konnte ich gekonnt retten: Ich erzählte etwas von grösseren Projekten, worauf ich die Veranstaltungen im kleineren Rahmen erwähnen wollte, nur leider fehlte das richtige Wort. Meine Rettung kam in einer kurzen Pause an genau dieser Stelle und einem mit Schmunzeln unterlegtem „Angelegenheiten“. Es wurde gelacht und ich hatte mich mehr oder weniger geschickt aus der Affäre gezogen. Ich lief zu Hochform auf, bis mein Auftritt mit einer brillanten Vorlage (und entsprechendem Traumtor) endete: Als ich zu den Aufgaben der lokalen Studierendenorganisationen zu sprechen kam und mir die Worte „… sind zuständig für“ aus dem Mund kamen, erblickte ein Popup-Fenster samt musikalischer Untermalung das Licht meiner Präsentation. Ohne gross nachzudenken fuhr ich fort mit „das Aufsetzen der Computer.“, womit mir der nächste, kleine Lacher sicher war.
Alles in allem ein einmaliges Erlebnis. Bis jetzt hatte ich noch nie die Gelegenheit vor mehr als 100 Leuten zu sprechen. Auch wenn ich ein wenig nervös war, hat sich die Vorbereitung bezahlt gemacht und ich bin um eine wertvolle Erfahrung reicher.
Eigentlich - ich weiss, Sätze sollte man nicht mit diesem Wort beginnen, jedoch rechtfertigt dieser Einwand nahezu jeden Faux pas - wollte ich mich zu solch später Stund’ direkt mit meinen „Next Actions“ beschäftigen und nicht noch Blogeinträge schreiben. Zu meiner Verteidigung muss ich anfügen, dass dies eine kurze, schreibtechnische, für die Ewigkeit erhaltene Belohnung darstellen soll. Auch wenn ich mir damit nichts kaufen kann - obwohl ich das gerne würde… -, hat es sich wieder einmal gezeigt, dass es am meisten Spass macht, wenn man mit Leidenschaft an die Sache ran geht.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Auf Wiedersehen.
p.s.: Ich schreibe regelmässig Beiträge für mein Lern- und Lehrprojekt www.wortspielzeug.ch. Vorbeischauen lohnt sich.